Mittwoch, 10. Dezember 2014

Ich belausche Manda und Mandus, die zu Liebenden. Wer sie auch kennt, ist als Gastblogger willkommen. Mehr als.
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Amanda? Wann gibt es endlich Kaffee und Kuchen?

Bitte?

Meine Oma hat meinem Opa jeden Sonntagnachmittag den Tisch schön gedeckt und dann gab es Kaffee und Kuchen.

Das hat sie nur getan, weil er mit einem Bauch voller Braten seinen Mittagsschlaf gehalten hatte und sonst nicht wieder auf Touren gekommen wäre.

Ich hab nicht mal Mittagessen bekommen!

Dafür musst du auch nicht mit mir vor dem Abendbrot spazieren gehen.

Oh, es gibt Abendbrot? Was Warmes?

Wir könnten ja gemeinsam kochen.

Ach so!

Quatschkopp.

Was hast du eigentlich die ganze Zeit geglotzt?

Oprah. Super Soul Sunday. Auf You Tube war die ganze letzte Folge noch zu sehen. War richtig gut. Über eine Frau, die eine buddhistische Nonne geworden ist. Und weißt du was? In den Werbepausen lief jedes Mal ein perfektes Filmchen von dem Staubsaugerroboter, den ich so gern hätte. Ist doch ein lustiger Zufall, nich?

Du sagst doch sonst immer, dass es keine Zufälle gibt!

Aber im Netz schon. Da gibt es sie. Das Zwischennetz hat schließlich nichts mit Mystik zu tun.

Aber genau da gibt es keine Zufälle. Hast du das Ding gegoogelt?

Was? Gegoogelt?

Den Roboter.

Du meinst ... Das macht mir jetzt Angst.

You Tube und Google sind doch eins oder? Ich lach mich tot. Tust immer so, als wärest du nicht von dieser Welt. Willst noch nicht einmal Geld mit der Budnikarte sparen, weil du fürchtest, die könnten mit deinen Daten Handel treiben! Und dann googelst du einen Staubsaugerroboter!

Hör auf! Und ich fall auch noch drauf rein.

Sieht ganz danach aus. So. Nun hat dein Bewusstsein wieder was gelernt. Machst du mir dafür einen Kaffee? Bitte? Nur eine Tasse? Dann guck ich mal, was bei Facebook so los ist.

Lass das Ding wenigstens am Sonntag zugeklappt.  Lass uns was Schöneres tun. Wir gehen doch spazieren! Ich will lieber aufs Land als in digitalen Träumen versumpfen.

Da bin ich schon. Auf meinem Profilbild siehst du mich auf einer grünen Wiese, schon vergessen?

Profilbild. Wenn ich das schon hör. Ich dreh mich zur Seite und du siehst mich. Wie ich bin.

Genau.

Aber meine Augen, mein Blick, meine Stimmung bleiben unsichtbar. Seele? Gibt es nicht mehr. Vielleicht kriegen wir sie zu Weihnachten wieder rein. Als Christmas Edition. Mit Batterie.

Exactly. Ich zeig dir nur, was du sehen darfst und du hältst es für mein wahres Ich. Obwohl du eigentlich wissen müsstest, dass ich es nicht bin, denn du bist ja selbst ein sozialer Netzwerker. Das funzt. Wir fallen drauf rein. Und es ist herrlich. Genau wie mit dir und dem blöden Staubsauger. Man vergisst,  worum es geht.

Mandus, warum tust du das?

Fratzebuchen?

Mhhh.

Manchmal möchte ich etwas von mir preisgeben. Dabei trete ich in die dritte Person. Ich beschäftige mich damit, den Eindruck, den ich hinterlasse, von außen zu betrachten. Als wäre ich ein anderer. Werde zu meinem eigenen Abbild. Im Netz sehe ich endlich wie souverän ich bin. Wer ich wirklich bin.

Tippen im öffentlichen Raum. Das Berühmtsein von jedermann.

Vor dem Bildschirm entdecken andere das, was du übersiehst. Wie großartig und interessant ich bin. Zum Bleistift.

Das sehe ich auch.

Das wirkliche Leben frisst einen auf. Du weißt, wie ich aussehe, wenn ich doof bin.
Kennst meine Gerüche. Meine Launen.

Deine Wäsche.

Das Internet ist so herrlich geruchsfrei. Da finde ich hundert Freunde. Wir haben keine Geheimnisse.

Lustig. Doch trägt die Illusion?

Klar. Wir teilen schließlich auch Inhalte.

Inhalte? Teilen? Mandus? Das ist eine Sprache, die das Gegenteil von dem sagt, was sie ausdrückt. Wie in einem totalitären System. Da beginnt dann auch jeder, irgendwann so zu sprechen.

Genau! Aber ich bin ja schlau genug, das zu wissen. Also besteht keine Gefahr für mich. Und jetzt lass mich. Ich muss was pooosten.

Sag wenigstens posssttten.

Meinetwegen. Meine wahren Freunde hören es ja nicht.

Warum machst du  bei dem Scheiß mit? Mandus?

Because I google up my life!

Google it up or google it down?

Whatever. Who cares?

Wo ist es?

Was?

Mein Notebook!

Ich dachte, du wolltest spazieren gehen?

Allein? Rück es sofort raus! Dann mach ich dir auch einen Kaffee! Los!

Was willste denn damit? Bisschen googeln?

Ich schreibe einen Blog. Zärtlich streichelt Manda den Rücken ihres Notebooks, das ihr Mandus in den Arm gelegt hat.

Bloggen? Du?

Nur wegen Google.

Dann hast du es also auf irgendeiner deiner Oberflächen bereits kapiert.

Kannst du einfach mal schweigen? Und ehe er antworten kann: Nimmt mein virtueller Meister heute Zucker in seinen Kaffee, um ihn süß in seinen sehr realen Darmtrakt zu schütten? Und wünscht er Milch von der Kuh oder vom Soja?

Ziege!

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